Der Weg zum wohlerzogenen Esel - Teil 4

Im dritten Teil haben wir über sinnvolle und aufbauende Verladenstechniken gesprochen, um somit ein Tier von A nach B zu befördern.
Wir haben festgestellt, dass Ruhe und Konsequenz zu einem rascheren Erfolg führen und dass der Zeitfaktor als auch der Ort des Geschehens nicht von Unwichtigkeit sind, wenn wir unser Tier konstruktiv und sinnvoll beanspruchen wollen.
 
Eselagility; wie das Tier und sein Besitzer Fitness auf bauen können ...
 
Dass unsere Tiere mit einer ausgeprägten Intelligenz versehen sind - darüber brauchen wir ja nicht mehr zu berichten ... Genau diese Intelligenz macht uns so zu schaffen, wenn wir zum Beispiel im Gelände einen Bach überqueren sollen oder aber das Tier davon überzeugen müssen, dass im Stromband auf der Weide doch wirklich Elektrisch fliesst ...
Jeder Eselhalter kennt diese Phänomene und hat sich schon mindestens fünfzig Mal darüber aufgeregt.
 
Zwei Faktoren, welche diese Phänomene beeinflussen, möchte ich aber nun differenzieren. Es scheint mir von bedeutender Wichtigkeit, folgende Aspekte klar zu trennen, da wir genau diese in der Ausbildung unserer Tiere nutzen können.
 
Intelligenz ist nicht gleich Neugierde!
 
Esel verfügen über ihr eigenes Denkvermögen (davon bin ich überzeugt; es ist noch nicht nachgewiesen). Sie lassen sich nicht über eine Hecke jagen, denn dahinter könnte ja ein Wildbach fliessen. Sicherlich kostet es mehr Zeit, sich nach einem kleinen Loch in der Hecke umzusehen (bzw. sich durchzufressen...), aber letztendlich ist diese Methode sicherer. Und genau hier können wir in der Ausbildung angreifen ...
Lassen Sie ihr Tier die neue Situation genauestens inspizieren und selbst überlegen, wie es reagieren möchte. Auf diesen Punkt können Sie aufbauen und es davon überzeugen (Sie können es wahrscheinlich nicht zwingen ... cf. Gewichtsmasse), dass ihr Weg auch ein sicherer ist.
 
Sicherheit muss dem Tier bei jeder Aufgabe gewährleistet sein; nur so wird es kooperieren und lernen.
 
Wie schon angesprochen, müssen wir in der Ausbildung also auch berücksichtigen, dass unsere Esel Augentiere sind. Sie orientieren sich natürlich auch über olfaktive, sensitive und auditive Reize, aber der visuelle Reiz scheint des öfteren ausschlaggebend zu sein.
Somit scheint es nur logisch, vor dem ersten Aufsatteln dem Tier das Geschirr in seinem Auslauf zu präsentieren. Es wird den Sattel anschnauben, ankucken, anstupsen und eventuell reinbeissen, bis es sein Interesse verliert und davon ablässt.
Es scheint dann auch logisch, dass dieser Sattel ohne Krallen und Zähne das Tier nicht beunruhigen kann; auch wenn dieser auf seinem Rücken liegt.
 
Hier haben wir den zweiten Aspekt von grosser Wichtigkeit: die Neugierde. Angeblich scheint sie bei den Eseln manchmal unstillbar zu sein ...
 
Was hat der Unterschied zwischen Neugierde und Intelligenz denn nun mit Agility zu tun ??
 
Es liegt auf der Hand, dass wir beide Aspekte in der Ausbildung nutzen sollten (positive Konditionierung) um sie somit in einem weiteren Schritt zu ´deformieren´, so dass wir das Ziel erreichen, dass das Tier jene Forderung unternimmt, welche wir von ihm verlangen (Umkonditionierung).
 
In der Praxis heisst dies, dass wir auf einem unwegsamen Gelände eine Vielzahl von Übungsmöglichkeiten antreffen, welche dem Tier anfangs bedrohlich erscheinen (Baumstämme, Bäche, Brücken, Stege etc.). Wir sollten aber nicht versuchen, sie zu umgehen denn dies wäre im Sinne des Esels (cf. Sicherheit). Lassen Sie das Tier den Gegenstand genauestens beobachten und evtl. reinbeissen und bedenken Sie, dass das Tier hierbei Zeit in Anspruch nimmt. Gehen Sie ähnlich vor, wie bei der Verladensübung.
Fordern Sie Kontakt durch Führleinenanspannung und geben Sie sofort nach wenn das Tier sich auch nur minimal dafür interessiert. Wenn es abzuwenden droht, so geben Sie vermehrt Zug auf die Leine.
Wenn Sie kleine Erfolge durch Aufhören bzw. Abwechslung belohnen, so fördern Sie die eigenständige Kooperation des Tieres; dies gilt für jeden Bereich der Erziehung (auch bei Kindern ?!?). Hat das Tier somit einen Fuss in den Bach gestellt und macht nicht sofort kehrt, so beenden Sie diese Übung und setzen an einem späteren Zeitpunkt  zur Überquerung an.
 
Üben Sie anfangs in gewohnter Umgebung, damit das Tier nicht von zu vielen Reizen überschwemmt wird und dann nicht mehr kooperiert. Sie können jegliches Haushaltsgeschirr benutzen; der Ideenvielfalt sind keine Grenzen gesetzt:

  • leere Dosen oder Flaschen eignen sich gut als Slalomübung ...
  • Fliegenfransen können durchquert werden ...
  • Treppen können erklommen werden ...
    (Wichtig scheint die Erläuterung, dass das Tier Hindernisse und Treppen nicht überspringt, wenn Sie es reiten wollen oder es packen wollen; ansonsten verleiht das Tier seiner Last Flügel ... durch scharfes Nein und Ruck an der Führleine unterbrechen)
  • Alte Türen auf Ziegelsteinen ergeben eine herrliche Rampe ...
  • Beide Füsse gemeinsam in zwei Eimer Wasser zu stellen ist Utopie ... oder ?! ...
  • Gemeinsam mit Mülltonne und Esel "spazieren" gehen ...

Alles Sachen wofür man eigentlich kein zusätzliches Geld investieren muss. Natürlich gibt es auch entsprechende Hindernisse und Verkehrshüte, wie sie im Pferdesport anzutreffen sind, aber Eselhalter differenzieren sich doch durch Improvisationsfähigkeit und Unkompliziertheit. Wenn das Tier zügig und motiviert im bekannten Umfeld mitarbeitet, so zögern Sie nicht, es mit ´natürlichen´ Hindernissen zu konfrontieren. Es scheint wichtig, dass Esel, welche später zum Anspannen, zum Reiten oder aber zu Wanderungen genutzt werden sollen, solche Übungen kennen um bei Ausflügen keine unangenehmen Überrraschungen zu erleben. Schön, wenn Sport und Hobby sich Überschneiden; man kann die eigene Fitness und die des Tieres trainieren, ohne sich in ein Studio setzen zu müssen um sich an Maschinen abzurackern.

 

- Sacha Dupont -