Der Weg zum wohlerzogenen Esel - Teil 1

Viele Eselbesitzer und solche, die es werden wollen, stellen sich stets viele Fragen. Was hat es mit Fütterung auf sich, wie viel Raum benötigt das Tier, wie sieht die notwendige Weidepflege aus usw.

In der Rubrik „Der Weg zum wohlerzogenen Esel“ möchten wir aber eher jene Fragen beantworten, welche sich mit der Erziehung; mit der Psyche als auch mit dem Wohlempfinden des Esels befassen. Eine Übereinstimmung mit anderen Themen wird gewährleistet sein da diese Rubrik so ganzheitlich wie möglich erscheinen soll.

Erstes Kapitel; Das sinnvolle Putzen oder Streicheleinheiten für die SeeleKörperkontakt im Tierreich ist von einer vielfältigen Bedeutung.

Zwei Tiere, welche sich gegenseitig das Fell mittels ihren Vorderzähnen kraulen (Grooming), befreien sich von Parasiten, glätten somit das Haar und regen es zur Talgproduktion an. Hinzu kommt jedoch auch die seelische Komponente; beide Tiere üben einen Sozialkontakt aus, d.h. sie kommunizieren mittels eines solchen Putzvorganges miteinander. Zwischen den beiden Tieren besteht also eine sehr genaue Identität; sie ´pflegen´ Gesellschaft und bestätigen sich somit Vertrauen und Zuneigung.

Ein weiteres Beispiel illustriert die Relation, welche sich zwischen dem neugeborenen Fohlen und der Stute etabliert. Sofort nach der Geburt wird die Stute sich zu dem noch nassen Fohlen wenden um es abzulecken. Dieser Vorgang wird durch Botenstoffe, welche das Fohlen am gesamten Körper trägt, ausgelöst. Es handelt sich hierbei um Endorphine; sogenannte Glückshormone. Leckt die Stute das Fohlen; so nimmt sie diese Botenstoffe auf, welche die spätere Relation zwischen Mutter und Kind festigt und unbestechbar macht (sie wird ihr Fohlen also stets wiedererkennen).

Analysiert man nun dieses Beispiel; so kann man folgendes festlegen: das Fohlen wird mittels Leckvorgang getrocknet um keinen lebensgefährlichen Kälteschock zu erleben. Hinzu kommt jedoch der nicht weniger wichtige Ansatz der Relationsgestaltung ; welcher für das Fohlen ebenso lebenswichtig ist, wie die Trocknung.

Wenn man nun die zwei Beispiele in ihrer psychodynamischen Bedeutung zusammenfasst, kann man folgendes festhalten:

Körperkontakt wird zu einem sog. materiellen Zweck angewendet. Dieser Zweck wird meistens von beiden Tieren genutzt (gegenseitige Fellpflege …) so dass der sogenannte primäre Gewinn (Sauberkeit) eintritt.

Körperkontakt bedeutet aber zusätzlich Zuneigung, Vertrauen, Wohlempfinden und Sozialität. Somit ist der seelische Zweck als sekundärer Gewinn anzusehen und nicht zu unterschätzen. Ein Tier, welches in guter Pflege steht; jedoch keine „Seelenverwandtschaft“ betreiben kann; wird auf Dauer nicht glücklich sein und kann daran sogar eingehen!

Wie aber nun den Zusammenhang zwischen dem Körperkontakt und der sinnvollen Fellpflege verstehen …?

Ganz einfach; Fellpflege bedeutet Körperkontakt.

Ich kann mir vorstellen, dass einige unter den Lesern diesen Gedankengang noch nicht gemacht haben, und genau diese möchte ich darauf aufmerksam machen.

Des Weiteren sollte dem werdenden Eselsbesitzer eine neue Dimension vermittelt werden, was das – zeitweise lästige Putzen – noch bedeuten kann; nämlich Kommunikation mit dem Tier.

Oben aufgelistete Beispiele dienen somit auch in der Praxis; Vertrauen, Zuneigung und Sozialität sollten ebenso zielgerichtet angestrebt werden wie die Säuberung selbst.

An erster Stelle denke ich an die Hufsäuberung mittels einem Hufkratzer (Hufräumer auf der einen Seite; Hufbürste auf der anderen).

Die Hufsäuberung sollte, wenn möglich jeden Tag geschehen. Der Huf wird mittels des Räumers von Mist, Boden etc. befreit und danach tüchtig ausgebürstet. Dies birgt Huffäulnis und Infektionen vor. Teer und Hufbalsam sollten aber nicht mehr als einmal in der Woche aufgetragen werden, da diese den Huf wasser- und luftundurchlässig machen.

Tiere, welche neu erworben werden, sollten sich die Hufe ohne größere Schwierigkeiten geben lassen und sollten einen gesunden und gründlich ausgeschnittenen Hufstrahl aufzeigen.

Ein Eselbesitzer sollte sein Tier beim Hufegeben gründlich schulen, so dass der Schmied ohne größere Probleme seine Arbeit verrichten kann. (Anfangs kann man beim Hufehochheben ein Bündel Heu anbieten, so dass das Tier abgelenkt ist. Wichtig sind auch die ständig gleichbleibenden Kommandos wie „Hoch“ oder „Fuß“, um der Verwirrung vorzubeugen).

Die Kommunikation mit dem Tier während der Hufsäuberung ist klar. In diesem Zusammenspiel muss die Rangordnung geklärt sein so dass das Tier sich auf sie und ihre Tat verlassen kann. Wenn sie ihm Ruhe und Gelassenheit aber auch Bestimmtheit zukommen lassen, so wird es ihnen vertrauen.

An zweiter Stelle werde ich die Fellpflege an sich beschreiben:

Das Fell am Körper sollte mindestens 2 Mal die Woche in den Genuss einer intensiven Massage kommen. Hierzu verwendet man am besten einen Metallstriegel für Hunde. Dieser ist nicht zu groß und befreit am Rücken, am Bauch und am Hals Stroh- und Bodenreste; regt dabei aber auch zusätzlich die Talgproduktion an (verschafft dem Fell Impermeabilität).

Nach der sogenannten Grobsäuberung benutzt man eine Pferdekardätsche um so Staub aus der Zwischenwolle zu entfernen. Mit einer sanften Bürste macht man die Finition zwecks Glättung.

Das Fell sollte stets nur in Haarwuchsrichtung gebürstet werden, da Anders herum die Schutzschicht zu sehr beschädigt wird und Wirbel „eingebürstet“ werden.

Auf dem Markt sind zahlreiche Artikel zwecks Haarkleidverschönerung zu finden. Hierbei sollte jeder Eselhalter selbst Erfahrungen sammeln. Wichtig hierbei ist, dass nicht zuviel von dem Mittel angewendet werden sollte, da das Tier sich bei der individuellen Fellpflege daran vergiften könnte.

Esel welche im Winter im Offenstall leben, sollten während der kalten und nassen Jahreszeit nur wenig geputzt werden, da ansonsten davon ausgegangen werden muss, dass die wasser- und kälteabweisende Talgschicht sonst beschädigt wird. Ein Abstriegeln der Boden- und Einstreureste zwei Mal die Woche haben sich hier bewährt.

Ein Tier, welches während des Winters ganz durchgeputzt und auf ´Hochglanz´ gebracht wird, sollte während 24 Stunden eine Decke tragen)

Mähne und Schweifansatz werden mittels eines groben Kamms nach unten hin gut durchgekämmt.

Als vorrangig erweist sich ein wohl erzogener Esel daran, dass er beim Putzen stillsteht. Zeigen Sie sich konsequent und bestimmt im Umgang; was einmal verboten ist, sollte immer verboten sein. Das Stillstehen erlernt das Tier am besten durch Ruhe und Ausgeglichenheit ihrerseits. Es sollte immer an der gleichen Stelle geputzt werden und zum Stillstehen anfangs angebunden sein.

Die Körpersprache, welche sie dem Tier während dieser Art von Putzvorgang vermitteln, hängt von Ihrer nichtsprachlicher (nonverbaler) Ebene ab.

Dies bedeutet, dass sie das Tier sanft massieren und streicheln können, so dass dieses entspannt oder genießt. Besonders bindet diese Vorgangsweise Sie und ihr Partner nach einer schweren körperlichen oder geistigen Aufgabe (langer Spaziergang ; problematisches Verladen). Sie können den Vorgang aber auch etwas energischer angehen und das Tier über den Rücken beidseitig der Wirbelsäule mittels einer kräftigen Bürste durchmassieren um seine Muskeln vor dem Einspannen in die Kutsche aufzulockern. Hierbei kommt auch der Halsmuskulatur eine energische Massage zuvor, so dass das Tier über den Hals arbeiten und sich strecken kann. Somit bereiten sie ihr Partner auf eine Aktivität vor; durch die Intensität der Massage bemerkt er, dass etwas darauf folgen wird.

Insgesamt wird hierbei eine große Vertrauensbasis geschaffen, welche unbedingt notwendig ist, um auf spätere Aktivitäten aufzubauen! Der Esel wird es ihnen mittels Zuneigung und Zuwendung seinerseits danken.

Bei meinen eigenen Langohren konnte ich schon mehrmals feststellen, dass sie mich während der Fellpflege mit ihren Zähnen eher unsanft zugroomen´ versuchten. Ein Prädikat, welches man ihnen nicht abstreiten kann, da sie einen als ihresgleichen beurteilen

Pflege der sensiblen Hautpartien und Beine:

Für die Beine wird die Kardätsche gebraucht, um das Fell von Unreinheiten zu befreien (!!Kein Hundestriegel; zu hart!!).

Die Ohren werden außen mittels der sanften Bürste gekämmt und Innen von Zeit zu Zeit mit einem leicht feuchten Schwamm ausgewischt (!!Nicht ins Ohrinnere eindringen; Verletzungsgefahr!!).

Die Augen und die Nüstern sollten regelmäßig mittels eines leicht feuchten Schwamms von Krusten und Schmutz befreit werden.

Das Gleiche gilt für das After und die Geschlechtsorgane (Der Schlauch des Wallachs bzw. Hengstes sollte zweimal jährlich gewaschen werden).

N.B. Bei den Ohren, den Nüstern und den Geschlechtsorganen kann das Tier verwirrt reagieren und sich nicht unbedingt gewähren lassen ; seien Sie hartnäckig und bestehen Sie darauf, da diese Prozeduren der Infektion vorbeugen und im Krankheitsfalle sind es die Tiere gewohnt, an diesen Stellen abgetastet und eventuell behandelt zu werden.

Lassen Sie ihrem Tier Zeit, um Vertrauen und Zuversicht zu gewinnen und wiederholen Sie das Abtasten regelmäßig. Vergessen Sie bei Erfolg nicht das Loben. Fassen Sie eine solche Partie stets sanft aber bestimmt an. Somit vermitteln Sie Vertrauen für das, was Sie tun und wie Sie es tun.

Ganzkörperschur des Esels:

Sie haben als Besitzer sicherlich schon das Winterfell ihres Tieres während des nahenden Sommers verflucht. Dieses geht nur problematisch ab und der Esel sieht aus, als sei er von Motten zerfressen. Abhilfe kann man sich mittels Schaf-Schermaschine (Pferde bzw. Großvieh– oder Hundeschermaschinen schaffen die Konsistenz nicht) schaffen. Wichtig ist es, den Monat Mai bis zur Mitte hin abzuwarten, um einer Erkältung vorzubeugen.

Falls der Esel zu Winter- bzw. Herbstzeiten geschoren werden muss (z.b. hochgradiger Parasitenbefall); ist es von höchster Notwendigkeit, das Tier anschließend während des gesamten Winters einzudecken (leichte Überwurfdecke im Stall; wasserundurchlässige Decke für Auslauf und Offenstall).

Der Esel wird sich vor der Schermaschine erschrecken und sich die Schur anfangs nicht gefallen lassen. Gewöhnen Sie ihn während mehreren Tagen und mittels genügend Ruhe daran, indem Sie ihren Partner daran schnuppern lassen. Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, so dass das Tier sich danach der Tortur hingibt.

Vorsicht ist an Ohren, Gliedmassen und Schwanzansatz geboten als auch an faltigen Hautpartien. Das Gesicht wird nicht geschoren.

Parasiten ; Pilzbefall und Hauterkrankungen:

Während der Fellpflege können Milben, Läuse, Flöhe und andere Parasiten auftreten.Falls Sie diese bemerken, sollten Sie:

1) das Tier von anderen isolieren (Ansteckungsverminderung);

2) sofort den Tierarzt kontaktieren und eine Behandlung aufstellen lassen;

3) während der Behandlung penibel auf Stall-, Auslauf- und Weidehygiene achten;

4) Nach erfolgreicher Behandlung die Stallbauten desinfizieren und Mitbewohner (auch Hunde, Katzen, Hasen …) mit einem Produkt behandeln.

Als Vorbeugung haben sich bewährt:

- Zweiwöchige Isolierung von Neuzugängen ; während Isolation, Tierarztbesuch Auffrischung der Grundimmunisierung;

- Artgemäße Stall-, Auslauf- und Weidehygiene;

- Immunisierung und regelmäßige Entwurmung;

Im Frühjahr und Sommer haben sich:

1) Insektenmittel gut bewährt um lästige Mücken abzuhalten. Durch diese Produkte können Sie auch der sogenannten Sommerräude vorbeugen; eine durch Wundscheuern verursachte Schwellung und Infektion der Haut (insbesondere am Mähnenansatz). Die Sommerräude wird durch die Kribbelmücke hervorgerufen; das Insekt sticht die Tiere zwecks Blutabsaugung und injiziert ein Juckreiz auslösendes Gift.

Leidet das Tier an einer solchen Krankheit, sollte ein kompetenter Tierarzt hinzugezogen werden um eine antipplogistische Behandlung (Kortison) zwecks Reizminderung zu beginnen.

2) Das getrennte Unterbringen von Tieren und Heu- bzw. Strohballen (diese können sogenannte Grasmilben enthalten ; dauerhaft führen diese zu einer Reizung von der Haut ; das Tier wird sich wundscheuern)

3) Artgemäße Pflege anderer Stallgenossen N.B. Fallsmöglich sollte Geflügel keinen permanenten Zugang zu der Eselstallung haben; da letzteres Parasitenüberträger „par excellence“ ist.

Waschen des Esels:

Es kann sein, dass Sie ihren Esel waschen möchten; sei es vor einer Veranstaltung, zwecks intensiver Säuberung oder zur Erfrischung.

Viele unter den Lesern haben sicherlich schon die außerordentliche Wasserscheu der Tiere bemerkt. Diese rührt daher, dass die Tiere früher eher in den wärmeren und trockenen Regionen der Welt heimisch waren, bevor sie mit der Domestikation verbreitet worden sind.

Wählen Sie für die Waschung einen warmen Sommertag da Sie in den wenigsten Fällen im Besitz eines sog. Equidensolariums sind (Sie können aber sicherlich in vielen Reitställen gegen Bezahlung davon Gebrauch machen).

Wählen sie ein mildes Babyshampoo bzw. ein adaptiertes Pferdeshampoo und reiben sie das Tier mittels nassen Schwamms damit ein. Lassen Sie aber unbedingt ab von Kopf und empfindlichen Ohren.

Anschließend sollten Sie das gesamte Shampoo mittels lauwarmen Wassers aus der Gießkanne abduschen. Das Wasser des Schlauchs ist den meisten Tieren ungeheuer und kalt. Dies sollte respektiert werden.

Nach der Waschung sollte der Esel zwar bewegt werden, um zu trocknen; Sie sollten ihn jedoch auf keinen Fall sofort loslassen, da er die erstbeste Bodenstelle zwecks Wälzen sein Eigen nennen würde.

Bitte bedenken Sie folgendes und fragen Sie sich:

* ist es wirklich notwendig, das Tier zu waschen?! Die empfindliche Schutzschicht wird den Tierenganz genommen.

* Regelmäßig sollte kein Esel gewaschen werden; Ausnahmesituationen sind kein Problem.

* Abhilfe zwecks Erfrischung kann an sehr heißen Sommertagen ein mit kaltem Wasser getränkter Schwamm schaffen. Ich gebrauche ihn des Öfteren während Aktivitäten (z.b. Wanderungen), um das Tier in den Pausen zwischen den Vorderbeinen, über der Wirbelsäule und den Karpalgelenken abzukühlen. Meine Damen haben diese Prozedur stets genossen und haben sich, ohne sich zu sträuben, gewähren lassen.

Um eine komplette Auflistung von Maßnahmen zu gewähren, würde eher ein Buch die notwendige Seitenanzahl aufweisen; wie schon beschrieben, erhoffe ich mir eine neue Sinnesgestaltung bezüglich des Putzens und formuliere noch einmal das selektive Ziel, welches zu erreichen gilt:

Konsequenz, Ruhe und Gewohnheit geben Sicherheit; wenn Sicherheit vermittelt ist, entsteht Vertrauen!

Vertrauen ist also etwas, was aufgebaut werden kann.

Sie bemerken an dieser Stelle, dass primärer und sekundärer Gewinn beim tagtäglichen Putzen ineinander übergreifen und zeitweise in ihrer Bedeutung nicht mehr getrennt werden können. Fellpflege als alleinige Aktivität anzusehen, wäre sicherlich falsch; ein weit gefächertes Kommunikations-System mit dem Esel während des Putzens stellt sich eher als ganzheitlich ein und vermittelt dem Tier die schon öfters erwähnte Sicherheit und Vertrauen.

Mit diesem Artikel erhoffe ich mir, auch routinierte „Eselputzer“ angesprochen zu haben um somit dieser wertvollen Aktivität eine neue Dimension zu geben. Zusätzlich sollte es eine Anregung sein, um aus einer, zeitweise ungeliebten Arbeit ein wichtiges Kommunikationsmuster zu schaffen

- Sacha Dupont -